Der einstige Steuerfahnder und heutige Steuerberater Hubert Nowatzki, langjähriges Mitglied der UNO-Denkfabrik Diplomatic Council, ist fest überzeugt: „Die aktuelle Grundsteuerreform verstößt gegen das Grundgesetz“. Konsequenterweise hat er eine Initiative gegen die Reform ins Leben gerufen. Er ist hierzu mit zahlreichen Steuerberatern, betroffenen Firmen und Privatpersonen sowie Finanzämtern in Baden-Württemberg im Austausch.
Der Steuerrebell erklärt Hintergründe und Strategie
Der „Steuerrebell“ aus Karlsruhe erläutert die Hintergründe und seine Strategie:
Die ursprüngliche Frist für die Abgabe der Grundsteuerwerterklärungen war der 31. Oktober 2022. Auf Betreiben der Bundessteuerberaterkammer wurde diese Frist Ende Oktober 2022 bis 31. Januar 2023 verlängert.
Das war gut so, denn:
- Bereits im November 2022 wurde das Gutachten von Professor Kirchhof bekannt, welches die Verfassungswidrigkeit der neuen Bewertungsregeln in allen Bundesländern beweist. Ferner wurde bekannt, dass Gregor Kirchhof, der Sohn des ehemaligen Verfassungsrichters Paul Kirchhof, in jedem Bundesland ein Verfahren vor dem jeweils zuständigen Finanzgericht anhängig machen möchte.
- Nun ist es jedoch rechtlich so, dass das Finanzamt einen Einspruch durch formelle Einspruchsentscheidung als unbegründet zurückweisen kann, wenn er „nur“ mit Verfassungswidrigkeit begründet wird. Ist jedoch in der gleichen Sache bereits ein Verfahren vor Gericht anhängig, dann kann man beim Finanzamt „Ruhen des Verfahrens“ beantragen.
- Strategie muss also sein, die Abgabe der Erklärungen zum Grundsteuerwert so weit wie möglich hinauszuzögern. Das erhöht die Chance, dass bei Erteilung des Bescheides das o.g. Verfahren von Prof. Kirchhof bereits anhängig ist und man somit den Einspruch offenhalten kann.
- Verlierer sind somit diejenigen, die „brav“ innerhalb der ersten Frist bis Ende Oktober ihre Erklärungen abgegeben haben und bereits einen Bescheid bekommen haben, dessen Einspruchsfrist bereits abgelaufen war. Denn auch verfassungswidrige Bescheide werden „zementiert“, wenn man sie nicht innerhalb eines Monats mit einem Einspruch angegriffen hat.
Seit 7. Dezember 2022 gibt es tatsächlich ein anhängiges Verfahren beim Finanzgericht Baden-Württemberg, mit dem man eine vorschnelle Einspruchsentscheidung der Finanzämter verhindern kann.
Inzwischen gibt es zwei weitere Verfahren vor dem Finanzgericht Berlin-Brandenburg.
Hilfe für Steuerberater bei der Einspruchsbegründung
Im Rahmen der Initiative bietet DC Mitglied Hubert Nowatzki anderen Steuerberatern Hilfe bei der Einspruchsbegründung an, vor allem in Bundesländern, in denen Prof. Kirchhof bereits initial vorgeprescht ist.
Dazu Hubert Nowatzki: „Die Masseneinsprüche, die ich ausgelöst habe, haben dazu geführt, dass sich die Oberfinanzdirektion Karlsruhe, an die Steuerberaterkammer Nordbaden gewendet und darum gebeten hat, die Steuerberater mögen doch die Einspruche nicht auf Papier oder E-Mail, sondern digital über das Elster-Portal einreichen. Die Finanzämter könnten die Flut von Einsprüchen sonst nicht mehr handhaben. Natürlich bin ich dieser Bitte nachgekommen.“
Robin Hood der Steuerzahler
Der „Robin Hood der Steuerzahler“ führt weiter aus: „Am 22. März 2023 hat sich der baden-württembergische Finanzminister Danyal Bayaz eingemischt, dabei allerdings wenig fachliche Kompetenz gezeigt. In einem Artikel in den Stuttgarter Nachrichten behauptet er, man könne sich die Einsprüche sparen, denn bei Verfassungswidrigkeit könnten die Bescheide ohnehin noch geändert werden. Das ist schlichtweg falsch“.* Steuerexperte Hubert Nowatzki begründet: „Nach der Abgabenordnung werden auch verfassungswidrige Bescheide rechtskräftig, wenn man keinen Einspruch einlegt. Der Minister kennt sich offensichtlich im steuerlichen Verfahrensrecht nicht aus, kann es jedoch nicht lassen, sich dazu zu äußern.“
Die Falschinformationen durch den Minister stuft Hubert Nowatzki als „fatal“ ein. Nach der ministeriellen Fehläußerung hätten nämlich etliche Steuerpflichtige ihre Einsprüche zurückgenommen und damit „für sich die Tür für alle Zeiten zugeschlagen“.
Hubert Nowatzki sagt süffisant: „Bevor wir uns über Fake News durch Künstliche Intelligenz aufregen, sollten wir erst einmal die Falschinformationen durch menschliche Intelligenz - immerhin auf der Ebene eines Landesministers - stoppen.“
Aktualisierung per Ende April 2023
Neben Baden-Württemberg (Aktenzeichen: 8 K 2368/22)) undBerlin-Brandenburg (Aktenzeichen 3 K 3170/22 und 3 K 3018/23) gibt es drei weitere Verfahren in Rheinland-Pfalz mit folgenden Aktenzeichen: 4 K 1189/23, 4 K 1190/23, 4 K 1217/23, 4 K 1205/23.
Damit können nun Einsprüche gegen die Grundsteuerwert-Bescheide auch in Rheinland-Pfalz anhängig gemacht und ruhen gelassen werden, bis das Bundesverfassungsgericht entscheiden hat.
* www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.finanzminister-von-baden-wuerttemberg-bayaz-grundsteuer-einsprueche-belastet-finanzaemter.d9eaa112-2cf6-40d0-8817-2b096e3fa8e9.html