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Esther Czasch
Hilfsmaßnahmen der Bundesregierung

Rechtsanwältin Esther Czasch, als Wirtschaftssenatorin im Diplomatic Council engagiert, gibt einen aktuellen Überblick über Hilfsmaßnahmen der Bundesregierung:

Durch das „Gesetz zur Abmilderung der Covid-19-Folgen“ werden teilweise Grundlegende Prinzipien des BGB pandemiebedingt zeitweise aufgehoben. Doch was wurde nun konkret beschlossen?

1. Befristetes Corona-Leistungsverweigerungsrecht bis zum 30.6.2020

Zeitlich befristet beseht nun ein Recht zur Einstellung von Leistungen aus vertraglichen Verpflichtungen aus Dauerschuldverhältnissen, wenn

• der Schuldner aufgrund der Folgen der Covid-19-Pandemie außerstande ist, seine vertraglichen Verpflichtungen zu erfüllen,

• ohne seinen angemessenen Lebensunterhalt oder den seiner unterhaltsberechtigten Angehörigen zu gefährden.

• Die Vorschrift gilt u.a. auch für Leistungen der Grundversorgung wie Strom, Gas, Telekommunikation.

Das Leistungsverweigerungsrecht ist befristet auf den 30.6.2020.

2. Corona-Leistungsverweigerungsrecht für Kleinstunternehmer

Auch Kleinstunternehmen mit bis zu 9 Beschäftigten und bis EUR 2 Mio Umsatz p.a., wobei Einzelunternehmen einer Unternehmensgruppe zusammengerechnet werden, wird das Recht eingeräumt, Leistungen zur Erfüllung eines Anspruchs aus einem Dauerschuldverhältnis, bis zum 30.6.2020 zu verweigern, wenn

• das Unternehmen die Leistung infolge von Umständen, die auf die Pandemie zurück-zuführen sind, nicht erbringen kann oder

• dem Unternehmen die Erbringung der Leistung ohne Gefährdung der wirtschaftlichen Grundlagen seines Erwerbsbetriebs nicht möglich wäre.

3. Corona-Sonderregelungen für Wohnraum und Gewerbemietverhältnisse

Es gibt eine deutliche Einschränkung des Kündigungsrechts für Miet- und Pachtverhältnisse: Das Recht der Vermieter zur Kündigung von Miet- und Pachtverhältnissen wird empfindlich eingeschränkt. Mietschulden, die in dem Zeitraum 1.4.2020 bis 30.6.2020 pandemiebedingt entstehen, berechtigen den Vermieter oder Verpächter nicht zur Kündigung des Miet- oder Pachtverhältnisses. Den Ursachenzusammenhang zwischen der Pandemie und der Nichtleistung muss der Mieter glaubhaft machen. Von dieser Regelung kann nicht durch eine Individualabsprache zum Nachteil des Mieters abgewichen werden. Die Zahlungsverpflichtung als solche bleibt allerdings bestehen. Ausgeschlossen sind sowohl die fristlose als auch die ordentliche Kündigung, und zwar unabhängig davon, ob es sich um Wohnraum oder Geschäfts-raum handelt. Die Kündigungsbeschränkung endet mit Ablauf des 30.9.2022.

Wegen Zahlungsrückständen, die zwischen dem 1.4.2020 und dem 30.6.2020 eingetreten sind und die bis zum 30.6.2022 nicht ausgeglichen sind, kann anschließend wieder gekündigt werden. Zahlungsrückstände müssen bis 30.6.2022 ausgeglichen werden. Die allgemeinen Regeln wie eine Kündigung aus wichtigem Grund oder wegen Eigenbedarfs werden hierdurch nicht berührt.

4. Regelungen zum lnsolvenzrecht

Ist eine Firma überschuldet und kann ihre Zahlungsverpflichtungen und Kredite in absehbarer Zeit nicht bedienen, ist der Geschäftsführer verpflichtet, innerhalb von drei Wochen den An-trag auf Insolvenz beim zuständigen Amtsgericht einzureichen. Angesichts der Coronakrise droht damit eine regelrechte Insolvenzwelle.

Die Bundesregierung hat daher das Gesetz zur Aussetzung der Insolvenzantragspflicht (CorInsAG) beschlossen. Hiermit soll vermieden werden, dass ein Unternehmen allein deshalb einen Insolvenzantrag stellen muss, weil ein Antrag auf öffentliche Hilfen im Rahmen der Corona-Pandemie noch nicht bearbeitet wurde oder Finanzierungs- oder Sanierungsverhandlungen noch nicht zum Erfolg geführt haben. Danach soll die Insolvenzantragspflicht (§ 15a InsO, § 42 Abs. 2 BGB) für von der Corona-Pandemie betroffene Unternehmen bis zum 30. September 2020 ausgesetzt werden.

Voraussetzungen der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht:

• Die Zahlungsunfähigkeit bzw. Überschuldung des Unternehmens muss Folge der Pandemie sein,

• wobei die Beweislast nicht beim Unternehmen, sondern bei demjenigen liegt, der die Pflicht zur Insolvenzantragstellung geltend macht.

• Für Insolvenzantragspflichtige, die bis zum 31.12.2019 zahlungsfähig waren, streitet eine Vermutung dafür, dass die Insolvenzreife auf der Covid-19-Pandemie beruht.

• Die Neuaufnahme von Krediten in der Krise wird anfechtungs- und haftungsrechtlich privilegiert.

Bestehen erkennbar später keine realistischen Sanierungsaussichten, bleibt die Insolvenzantragspflicht bestehen.

Eingeschränkte Insolvenzanfechtung: Bei eingetretener Insolvenzreife besteht grundsätzlich das Risiko, dass Vertragspartner des Schuldners Leistungen und Zahlungen infolge späterer Insolvenzanfechtungen seitens des Insolvenzverwalters wieder herausgeben müssen. Dies könnte Geschäftspartner von Leistungen und insbesondere auch Zahlungen in der Krise ab-halten und damit betroffene Unternehmen zusätzlich gefährden. Deshalb sind gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 4 CorInsAG Rechtshandlungen, die dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht haben, die dieser zu Recht beanspruchen konnte, in einem späteren Insolvenzverfahren nicht anfechtbar, es sei denn, dem anderen Teil war bekannt, dass die Sanierungsbemühungen des Schuldners nicht zur Beseitigung einer eingetretenen Zahlungsunfähigkeit geeignet gewesen sind.

Ergänzend gilt gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 2 CorInsAG die bis zum 30.9. 2023 erfolgte Rückgewähr eines im Aussetzungszeitraum gewährten neuen Kredits sowie die im Aussetzungszeitraum erfolgte Bestellung von Sicherheiten zur Absicherung solcher Kredite nicht als Gläubigerbenachteiligung. Dies gilt auch für die Rückgewähr von Gesellschafterdarlehen und Zahlungen auf Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entsprechen. Darüber hinaus sind gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 CorInsAG Kreditgewährung und Absicherungen im Aussetzungszeitraum nicht als sittenwidriger Beitrag zur Insolvenzverschleppung anzusehen.

Die Regelungen zur Aussetzung der Insolvenzantragspflicht sind befristet bis zum 30.9.2020. Das BMJV wird durch das Gesetz allerdings ermächtigt, die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht durch Rechtsverordnung bis zum 31.3.2021 zu verlängern, wenn dies aufgrund Fortbestehens der Nachfrage nach verfügbaren öffentlichen Mitteln, andauernder Finanzierungsschwierigkeiten oder sonstiger Umstände geboten erscheint.

5. Steuerliche Entlastungen

Unternehmen können beim zuständigen Finanzamt beantragen, dass die Körperschaftsteuervorauszahlung sowie die Einkommensteuervorauszahlung an die gesunkenen Erträge für das Jahr 2020 angepasst werden. Voraussetzung: Das Unternehmen kann belegen, dass Um-satzausfälle coronabedingt in größerem Rahmen eingetreten sind oder unmittelbar bevorstehen. Darüber hinaus kann das Unternehmen in diesem Fall einen Antrag auf zinslose Stundung stellen.

In ähnlicher Weise kann die Stundung von Sozialversicherungsbeiträgen beantragt werden. Diese Stundungsanträge sind bei der jeweils zuständigen Krankenkasse einzureichen.

6. Finanzhilfen über die KfW Bank

Ein Startup oder ein Unternehmen, das infolge der Coronakrise zahlungsunfähig zu werden droht, kann staatliche Hilfen unter anderem über die KfW Bank beantragen. Hierzu gehören Liquiditätshilfen in Form von Krediten und Bürgschaften. Die Kredite der KfW müssen über die Hausbank des Unternehmens bzw. Startups beantragt werden, teilweise auch über die Förderbanken der Länder. Speziell für Startups stellt die KfW einen ERP-Gründerkredit zur Verfügung für Unternehmen, die nicht länger als fünf Jahre am Markt sind.

7. Kurzarbeitergeld auch für Leiharbeiter

Eine wesentliche Hilfe für Unternehmen ist das erleichterte Kurzarbeitergeld, wenn mindestens 10 % der Beschäftigten von Gehaltskürzungen von mehr als 10 % monatlich brutto betroffen sind. In diesem Fall werden anfallende Sozialversicherungsbeiträge für ausgefallene Arbeitsstunden von der Bundesarbeitsagentur übernommen. Leiharbeiter und Leiharbeiterinnen haben ebenfalls die Möglichkeit in Kurzarbeit zu gehen und dann Anspruch auf Kurzarbeitergeld geltend zu machen. Überstunden müssen nicht abgebaut werden, um Kurzarbeit zu vermeiden.

Das Kurzarbeitergeld beträgt 67 % nach dem pauschalierten Nettoentgeltausfall im betreffen-den Kalendermonat bei Arbeitnehmern mit mindestens einem Kind bzw. einem Ehegatten mit mindestens einem Kind im Sinne des § 32 Abs. 1, 3, 4, 5 EStG, 60 % bei den übrigen Arbeitnehmern. Neu ist die vereinfachte Möglichkeit der Verlängerung der Bezugsdauer von 12 auf 24 Monate

8. Direkt-Zuschüsse für Solo-Selbstständige

Darüber hinaus plant der Bund ein Paket von 10 Milliarden Euro als direktes Zuschussprogramm für notleidende Einmannbetriebe und Kleinstunternehmen (Solo- Selbständige). Direkte Zuschusszahlungen von bis zu 10.000 Euro sind im Gespräch, aber noch nicht endgültig beschlossen. Auch Betriebe bis fünf bzw. zehn Beschäftigte sollen von dem Programm profitieren können.