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Hubert Nowatzki
Steuerberater Nowatzki empfiehlt Merz-Regierung Kirchhof-Modell für grundlegende Steuerreform

Ehemaliger Steuerfahnder und heutiger Steuerberater für „kniffelige Fälle“ Hubert Nowatzki: „Ein einziges Steuergesetz statt über 200 Gesetze und vier Steuerarten statt fast 40.“

 Die neue Bundesregierung mit dem vermutlich künftigen Bundeskanzler Friedrich Merz sollte ernsthaft erwägen, das 2011 vom ehemaligen Verfassungsrichter Paul Kirchhof vorgestellte Konzept einer grundlegenden Steuerreform umzusetzen. Diese Empfehlung vertritt der ehemalige Steuerfahnder und heutige Steuerberater und DC Mitglied Hubert Nowatzki.*

Paul Kirchhof hatte vor 13 Jahren ein beinahe 1.300 Seiten umfassendes „Bundes­steuergesetzbuch – Ein Reformentwurf zur Erneuerung des Steuerrechts“ vorgelegt. Aus den mehr als 200 Steuergesetzen sollte ein einziges Gesetz werden, und die fast 40 Steuerarten könnten auf vier reduziert werden, nämlich Einkommensteuer, Erbschafts- und Schenkungssteuer, Umsatz­steuer und Verbrauchsteuer. „Dieser Ansatz hat nichts an Aktualität und Notwendigkeit verloren“, sagt Hubert Nowatzki. Er stellt den Kontext zum wahrscheinlich nächsten Bundeskanzler her: „Friedrich Merz hatte bereits 2003 die Idee einer dreistufigen Einkommensteuer präsentiert, die so einfach sein sollte, dass sie auf einen Bierdeckel passt.“ Das über 20 Jahre alte Konzept sah nur drei Steuersätze vor: 12 Prozent bei Einkommen zwischen dem damaligen Grundfreibetrag von 8.000 Euro und 16.000 Euro im Jahr, 24 Prozent bei höheren Einkommen bis 40.000 Euro und 36 Prozent bei Einkommen über 40.000 Euro. Dafür sollten viele Steuervergünstigungen wie die Pendlerpauschale ersatzlos gestrichen werden. Und statt der sieben Einkunftsarten im deutschen Steuerrecht sollte es nur noch vier geben. „Man mag über die Details des Merz’schen Steuermodells politisch und ideologisch streiten, doch der Grundgedanke der Vereinfachung ist heute so richtig wie damals“, urteilt Steuerberater Hubert Nowatzki. Ironie der Geschichte: Statt den Bierdeckel in Politik umsetzen, ist er heute in einer Vitrine im Bonner Haus der deutschen Geschichte ausgestellt.

2023 rief Friedrich Merz, zwischenzeitlich Parteichef der größten Oppositionspartei im Deutschen Bundestag, erneut zu einer Steuervereinfachung auf: Nach dem Bierdeckel präsentierte er nun ein Modell für eine Flattax bei der Unternehmensteuer. Bisher zahlen rund eine Million Betriebe in Deutschland Einkommensteuer. Für Unternehmen würde sie abgeschafft: Alle Firmen unterlägen dann nur noch einer Unternehmensteuer in Höhe von 25 Prozent. „Es wäre die größte Steuerreform seit Jahrzehnten“, sagt Hubert Nowatzki, und fügt hinzu: „Es sei denn, das Kirchhof-Modell würde tatsächlich als Grundlage für eine fundamentale Vereinfachung der Steuergesetzgebung gewählt.“

Reformvorschläge von einer Kakophonie der Gegenargumente zertrampelt

Doch der ehemalige Steuerfahnder und heutige Steuerberater ist skeptisch: „Ob Merz oder Kirchhof, bislang wurde jede grundlegende Vereinfachung in einer Kakophonie der Gegenargumente geradezu zertrampelt. Geblieben ist ein Steuersystem, das weiterhin so kompliziert ist, dass es für die Bürgerinnen und Bürger völlig unverständlich ist und selbst von Experten in allen seinen Verästelungen häufig nicht in voller Gänze verstanden wird.“

Hubert Nowatzki erklärt: „Ich plädiere für eine strikte Vereinfachung des Dickichts an Gesetzen, Verordnungen und sonstigen Regelwerken. Es wird immer Argumente geben, die gegen eine Vereinfachung sprechen, die noch einen Paragraphen mehr zu rechtfertigen scheinen, noch eine weitere Verordnung scheinbar zwingend erforderlich machen. Ein Parlament, das sich um die Zukunft Deutschlands sorgt, und das ist die Aufgabe des Deutschen Bundestages, muss sich auch daran messen lassen, ob es gelingt, das Regelwerk des Staates auf ein Maß zu stutzen, das überschaubar, verständlich und für die Bevölkerung nachvollziehbar ist. Es wird immer einen konstruierten oder realen Fall geben, bei dem ein Gesetz mehr, eine genauere Präzisierung oder ein Ausnahmetatbestand besser gewesen wäre, zu mehr Gerechtigkeit geführt oder die Sicherheit erhöht hätte. Doch es ist ein Irrglaube, dass immer mehr Gesetze, Verordnungen, Verwaltungsvorschriften, Bußgeldkataloge oder sonstige Regularien oder Rechtsnormen zu einer besseren, sichereren und gerechteren oder gar freieren Welt führen werden.“

* Hubert Nowatzki ist Autor der Bücher „Der Wahn mit der Bürokratie – Wie Bürokratismus unsere Gesellschaft zerstört“ (ISBN 978-3-94-7818-89-1) und „Der übergriffige Staat – Geld, Daten, Sprache, Freiheit – der Staat will alles“ (ISBN 978-3-98674-106-8), die beide im Verlag des Diplomatic Council erschienen sind. Er war zunächst als Steuerfahnder tätig und hat sich später als Steuerberater auf „kniffelige Fälle“ spezialisiert, in denen der Staat nahe an der Rechtsbeugung etwa durch Verstöße gegen das Grundgesetz agiert, um die Steuereinnahmen in die Höhe zu treiben.