Thought Leadership
Von DC Mitglied Karlheinz Zuerl*
Aktuelle Studie des European Parliamentary Research Service (EPRS) konterkariert die „De-Risking“-Strategie der EU gegenüber China
China ist dabei, die Europäische Union bei sauberen Energien zu überholen. Laut einer aktuellen Studie des European Parliamentary Research Service (EPRS) mit dem Titel „EU-China: European expert consultation on future relations with China“ ist China bei von Experten begutachteten Veröffentlichungen auf den Gebieten Solar- und Windenergie, Lithiumbatterien, Wärmepumpen und Kohlenstoffabscheidungstechnologien führend gegenüber der Europäischen Union. Das sind durchweg Schlüsselelemente der Energiewende. Noch vor zehn Jahren lag die EU-Forschung bei sauberen Energietechnologien an der Spitze, heute ist es China.
EU wird laut Report immer abhängiger von China
„China entwickelt sich immer mehr zu einem weltweit führenden Land in Sachen Wissenschaft und Innovation, und zwar bei mehreren kritischen Technologien“, heißt es in dem EPRS-Papier. Es konterkariert damit die „De-Risking“-Strategie von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, die das Ziel ausgegeben hatte, die Abhängigkeit von China bei wichtigen Technologien, darunter Solarzellen, zu verringern. Eingetreten ist offenbar das Gegenteil: Die Abhängigkeit der EU von China ist in den vergangenen Jahren auf rund 22 Prozent aller Importe angestiegen, während der chinesische Importanteil in den USA über Jahre hinweg gesunken sei, heißt es in dem Report.
Die EU positioniert sich gerne als vermeintlicher globaler Vorreiter beim Klimaschutz, aber tatsächlich ist China bei diesem Thema längst auf die Überholspur gewechselt. Die chinesische Strategie: Peking lässt sich deutlich mehr Zeit beim Ausstieg aus den fossilen Energieträgern und nutzt diese Jahre, um sich mit Forschung und Entwicklung auf das Zeitalter der erneuerbaren Energien vorzubereiten. Die EU-Strategie, aus fossilen Brennstoffen auszusteigen, bevor die Voraussetzungen für eine grüne Energiewirtschaft geschaffen sind, stößt in China auf Unverständnis.
Chinas Forschungsvorsprung geht über saubere Energie hinaus
Chinas technologischer Vorsprung und die Abhängigkeit der EU davon sind laut EPRS-Report nicht auf erneuerbare Energien beschränkt. So testiert das Forschungspapier des European Parliamentary Research Service ebenfalls eine starke Abhängigkeit von chinesischen Vorleistungen in internationalen Lieferketten für EU-Industrien wie Basismetalle, Chemikalien, Elektronik und Elektrogeräte.
Der Forschungsvorsprung wird China in den nächsten Jahren massive Wettbewerbsvorteile bei grünen Technologien bringen. Auf dem Automobilsektor erleben wir heute schon, wie die chinesischen Hersteller mit E-Autos vehement in die EU vordringen. Diese Entwicklung wird zügig auf andere Industriezweige übergreifen.
Kontinuierliche Marktbeobachtung statt unliebsamer Überraschungen
Unternehmen aus der EU sollten sich daher fortlaufend mit den aktuellen Entwicklungen in China vertraut machen, um rechtzeitig darauf reagieren zu können. Durch eine kontinuierliche Marktbeobachtung in China auf ihrem Gebiet können sich westliche Firmen vor unliebsamen Überraschungen schützen . Als Beispiel sind die im Juli 2024 anstehenden weitreichenden Gesetzesänderungen für ausländische Firmen zu nennen, auf die es sich vorzubereiten gilt.
* Karlheinz Zuerl ist CEO der German Technology & Engineering Corporation (GTEC). Diese hilft westlichen Unternehmen, Herausforderungen in Asien zu bewältigen. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Geschäftsentwicklung, dem Auf- und Ausbau von Niederlassungen und Produktionsstätten, sowie Sanierungs- und Turnaround-Maßnahmen, um Firmen in kritischen Phasen wieder in die Gewinnzone zu bringen.