Thought Leadership

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Manuel Kreitmeir
Social Entrepreneurship

Social Entrepreneurs wollen mit unternehmerischen Methoden soziale Probleme lösen. Ein Beitrag von Diplomatic Council Mitglied Manuel Kreitmeir.

 

Was für viele zuerst wie ein Widerspruch klingt, hat in Wirklichkeit eine lange Tradition. Henri Dunant kann sicher als Social Entrepreneur gesehen werden. 1863 gründete er mit vier weiteren Bürgern das spätere Internationale Komitee vom Roten Kreuz.

 

Vorreiter des modernen Social Entrepreneurships ist der Wirtschaftswissenschaftler Muhammad Yunus. Dieser gründete 1983 in Bangladesch die Grameen-Bank, die zu günstigen Konditionen Kredite an Kleinunternehmerinnen vergibt. 2006 erhielt er für dieses Modell den Friedensnobelpreis.

 

Heute wächst der Sektor durch eine Vielzahl an Neugründungen und Social Startups. Obwohl Social Entrepreneurship eher noch ein Nischenphänomen ist, das seinen Platz in der Politik und Wirtschaft sucht, entwickelt sich derzeit ein sehr dynamisches Netzwerk mit vielen neuen Arbeitsmodellen. Gebiete, in denen sich Social Entrepreneure engagieren, sind u.a. Bildung, Umweltschutz, Inklusion, Armutsbekämpfung oder Menschenrechte.

 

Der Profitgedanke steht für Social Entrepreneure im Hintergrund, der eigentliche Erfolg misst sich in ihren Social Impact, d.h. der (positiven) Wirkung auf ihre Themenfelder. Obwohl eine Vielzahl an Definitionen für Social Entrepreneurship existieren, ist ihnen allen gemein, sich für einen konkreten und positiven Wandel der Gesellschaft einzusetzen.

 

Das Dogma früherer Zeiten, nach dem sich Unternehmertum und soziales Engagement für die Menschen weitgehend ausschließen, ist längst überholt. Im angelsächsischen Umfeld ist diese Trennung schon lange aufgehoben. Es gibt gemeinnützige Organisationen, die sehr viel Geld verdienen; umgekehrt gibt es gewinnorientierte Unternehmen, die sehr viel Gutes tun.

 

Das Diplomatic Council steht beispielhaft für die Aufhebung dieser überholten Grenze von „Gut und Böse“. Das DC ist als gemeinnützig anerkannt gemäß deutscher Gesetzgebung, aber seinen weltweiten Anspruch leitet das Diplomatic Council aus der Anerkennung durch den Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen ab. Schon im Namen „Wirtschafts- und Sozialrat“ (Economic and Social Council, ECOSOC) drücken sich die von der UNO bewusst herbeigeführten Synergiepotenziale zwischen Wirtschaft und sozialem Engagement aus. Es geht darum, mit guten Gewinnen Gutes zu tun, oder auf neudeutsch: „Better Business for a Better World“.

 

Social Entrepreneurship spielt eine Schlüsselrolle bei dieser Entwicklung, weil sie eine innovative Kraft für eine bessere Welt darstellt. Es geht darum, die sozialen Herausforderungen mit unternehmerischen Methoden zu lösen. Gerade die talentiertesten jungen Unternehmer (Generation Y and beyond) sind häufig davon beseelt, neben dem großen Geld auch große Veränderungen in der Gesellschaft zum Positiven hin zu bewirken.

 

Social Entrepreneurs entwickeln gute Projekte, die sich wirtschaftlich selbst tragen und Gewinne abwerfen, statt auf einen ständigen Geldzufluss durch Spenden und Entwicklungshilfe angewiesen zu sein. Dabei ist der Social Impact im Idealfall direkt verknüpft mit dem Gewinn. Wenn die Szene für Social Entrepreneurship die klügsten Köpfe dieser Welt für sich gewinnen will, muss sie auch im Vergleich zu anderen unternehmerischen Aktivitäten eine wettbewerbsgerechte Entlohnung fördern und Gewinne zulassen.

 

Häufig spielen Social Entrepreneurs die Lokomotive für eine ganze Branche. Bestes internationales Beispiel mag „Fairphone“ sein, die Idee, ein Smartphone ohne Ausbeutung, ohne unzumutbare Arbeitsbedingungen und ohne Kinderarbeit in der Lieferkette herzustellen. Mittlerweile folgen Konzerne wie Apple längst diesem Beispiel und legen großen Wert auf eine faire und menschenwürdige Lieferkette. In Deutschland schaffen immer mehr Lebensmittelmärkte die Einkaufstüte aus Plastik ab. Auch hierfür gibt es einen Social Entrepreneur als Vorreiter: „Zero Waste: Original Unverpackt“. Immerhin schon über 50 Läden folgen diesem Beispiel in Deutschland. Der Trend geht weiter: Das Ende immer kleinerer Verpackungseinheiten aus Plastik ist absehbar.

 

Das Eliya Tea Project – hier wird qualitativ hochwertiger Tee aus Sri Lanka importiert – steht beispielhaft für den neuen Ansatz des Direct Trade, bei dem die Produkte direkt vom Erzeuger zum Konsumenten gelangen. Während im klassischen ‚Fair Trade’ fast ausschließlich die Arbeitnehmerrechte berücksichtigt werden, setzt Direct Trade zusätzlich auf Stärkung des lokalen Unternehmertums, in dem es z.B. neue und direkte Absatzmärkte erschließt. Dahinter steckt die Erkenntnis, dass eine florierende Wirtschaft die beste Voraussetzung dafür ist, dass es auch den Arbeitnehmern gut geht.

 

Es zählt nur, was messbar ist

 

In jedem Fall ist es bei allen Ideen und Konzepten für Social Entrepreneurship von essenzieller Bedeutung, letztlich den Erfolg im Sinne des Social Impact zu messen. Die Frage lautet: Welche nachhaltigen Veränderungen in der Gesellschaft zeigt der jeweilige Ansatz tatsächlich.

 

Ein Spektrum von noch so gut gemeinten Aktivitäten ist nur dann sinnerfüllend, wenn es von den Zielgruppen tatsächlich angenommen wird. Gerade bei klassischer Entwicklungshilfe und Gemeinnützigkeit wird dieser Aspekt häufig wenig hinterfragt. Hingegen ist regelmäßig die Klage zu hören, die Hilfsbedürftigen seien undankbar und würden die dargebotene Hilfe nicht annehmen oder gar nicht wertschätzen.

 

Das markiert den Unterschied zum Unternehmertum: Kaum ein Unternehmer käme auf die Idee, seiner potenziellen Kundschaft die Schuld daran zu geben, wenn von dieser seine Produkte oder Dienstleistungen nicht akzeptiert werden. Stattdessen ändert er sein Angebot dahingehend, bis es dem Bedarf der Zielgruppe möglichst exakt entspricht. Wenn das nicht gelingt, ist das Unternehmen eben am Ende.

 

Ziele brauchen eine Vision

Die höchste Form der sozialen Wirkung ist eine nachhaltige positive Veränderung der Gesellschaft. Es ist leider festzustellen, dass viele gemeinnützige Organisationen diese Vision für ihren Themenbereich noch nicht einmal definiert haben. Was also genau eigentlich erreichen werden soll, ist nicht klar. So stellt sich die Frage nach der Messbarkeit bei der Zielerreichung erst überhaupt nicht.

 

So begrüßenswert der Wunsch von Menschen Helfen zu wollen per se ist, in sinnvolle Bahnen wird er nur mit einer klaren Vision, eine?r Mission und Kennzahlen zur Messbarkeit der Wirkung gelenkt.

 

Hierfür hat sich der Begriff des wirkungsvollen Philanthropismus herausgeprägt. Dabei geht es um die Frage der Priorisierung nach der Maßgabe, wie man mit minimalem Aufwand eine maximale Wirkung erzielen kann. Dabei startet man mit Annahmen, die in der Realität verifiziert (oder falsifiziert) werden müssen. Nicht jede gut gemeinte Idee funktioniert auch gut.

 

Die Vereinten Nationen handeln schon lange nach dem Grundsatz „it only counts if you can count it“ („es zählt nur, was messbar ist“). Social Entrepreneurship, also die Anwendung unternehmerischer Modelle und Methoden zur Bewältigung sozialer Probleme, stellt eine enorme Chance dar, die Wirtschaft noch stärker als je zuvor in die Verantwortung für die Zivilgesellschaft zu nehmen.

 

Dies geht einher mit den „Guiding Principles on Business and Human Rights“ von UN Special Representive Prof. John Ruggie, die das United Nations Human Rights Council (UNHRC) schon 2011 anerkannt hat. Sein Postulat lautet: Neben den Staaten stehen auch die Unternehmen in der Pflicht, die strikte Beachtung der Menschenrechte in ihren Betrieben zu gewährleisten. Gerade in Ländern, die eine schwache staatliche Durchsetzungsfähigkeit aufweisen, müssen die Unternehmen eigenverantwortlich handeln, um Menschenrechte und Nachhaltigkeit durchzusetzen. Das gilt für die gesamte Wertschöpfungskette, also auch für alle vorgelagerten Betriebe.

 

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