Thought Leadership
Bei der Frage, was angemessen und was übertrieben ist, um sich vor dem Virus zu schützen, gehen die Meinungen in der aktuellen Krise weit auseinander.
Muss man wirklich praktisch das gesamte gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben stoppen, um die Ausbreitung zu verhindern? War die weitgehende Beschränkung der Bürgerrechte angemessen? Hätte es Alternativen gegeben?
Die meisten Staaten sind einen mehr oder minder rigorosen Kurs gefahren, und das hat einen klaren Grund: Der Mensch trifft seine Entscheidungen in einer durch Angst gekennzeichneten Situation nicht primär aus rationalen Gründen, sondern aus Besorgtheit. Und der Grad an Besorgtheit ist individuell sehr verschieden.
Die einen rechnen vor, dass die Wahrscheinlichkeit am Coronavirus zu sterben für einen gesunden Menschen mittleren Alters unter 1 Prozent liegt, also vernachlässigbar, wollen sie damit suggerieren. Die anderen sind nahe an der Panik, weil sie das Bild eines hilflos Sterbenden vor sich haben, der im Krankenbett isoliert einen qualvollen Tod findet. Die einen feiern Corona-Partys, die anderen gehen nicht mehr ohne Maske aus dem Haus.
Die Politik muss beidem Rechnung tragen: der tatsächlichen Wahrscheinlichkeit und der Besorgtheit in der Bevölkerung. Ob man diese Balance als gelungen einstuft, hängt allein vom individuellen Besorgtheitsgrad des Betrachters ab.
Deshalb wird auch bei der nächsten Krise das Urteil in der Bevölkerung über die Maßnahmen der Politik ein ähnlich weites Spektrum aufweisen wie 2020 - unser persönlicher Besorgtheitsgrad ist nun einmal sehr unterschiedlich.