Thought Leadership

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Ray Kurzweil
Menschheit 2.0

„Menschheit 2.0. Die Singularität naht“ lautet die deutsche Übersetzung des Buches „Transhumanismus. The Singularity Is Near”. Verfasst hat den Klassiker der US-amerikanische Autor, Erfinder, Futurist und langjährige Leiter der technischen Entwicklung (Director of Engineering) bei Google, Raymond „Ray“ Kurzweil.

Computer bauen Computer, die Computer bauen

Das im Jahr 2005 erschienene Werk dreht sich um die sogenannte technische Singularität, ein revolutioniertes Ereignis, das die Menschheit binnen kürzester Zeit für immer verändern soll. Es bedeutet, dass in naher Zukunft – eben zu diesem Zeitpunkt der Singularität – Maschinen (also Computer) derart intelligent sein werden, dass sie selbstständig (also ohne weiteres menschliches Zutun) immer neue und immer leistungsfähigere Computer bauen können.

Ein Computer, der einen Computer baut, der einen Computer baut, der einen Computer baut… undsoweiter. Jede Computergeneration ist um ein x-facher lei­stungsfähiger als sein Vorgänger, so dass binnen kürzester Zeit eine Superintelligenz entsteht und die Menschheit überflüssig wird.

Ray Kurzweil: 2045 erreichen wir die Singularität

Ray Kurzweil hat diesen Zeitpunkt in seinem Werk für das Jahr 2045 prognostiziert. Daher rührt der Titel des vorliegenden Buches.

Doch für die Sache ist es natürlich egal, ob die Singularität genau im Jahr 2045 erreicht wird oder einige Jahre früher oder später. Es geht um die Sache an sich, nicht um den exakten Zeitpunkt des Eintreffens. Ähnlich wie es für George Orwells Werk „1984“ unerheblich war, dass die Vision eines Überwachungsstaates im Jahr 1984 noch nicht so weit gediehen war wie der Autor es vorausgesehen hatte. Doch seit Anfang der 2020er Jahre, also etwa 30 Jahre später, zeichnet sich das Szenario einer durch die Digitaltechnik angetriebenen Überwachungsgesellschaft sehr deutlich ab. Würde man dieselbe Zeitverschiebung für „2045“ ansetzen, wären wir also etwa im Jahr 2075. Indes gibt es kein Indiz für die 30-jährige Verzögerung. Ebenso gut könnte der Zeitpunkt der Singularität, sagen wir, fünf Jahr vorverlegt eintreten, also 2040.

Viel entscheidender als das Datum ist die Frage: Wird die Kurzweil’sche Singularität überhaupt irgendwann eintreten? Wird es den Menschen also gelingen, eine Künstliche Intelligenz (KI) zu erschaffen, die in der Lage ist, eine noch leistungsfähigere KI zu kreieren und damit die Spirale immer intelligenterer Maschinen unaufhaltsam in Gang setzen. Damit verbunden ist unweigerlich die Frage verbunden: Welche Rolle spielt der Mensch in diesem möglichen Zukunftsszenario?

Wird die Menschheit zur Gottheit oder ausgelöscht?

Interessanterweise geht Ray Kurzweil nicht davon aus, dass die Super-KI der Zukunft die Menschheit auslöschen wird, sondern ganz im Gegenteil fließt für ihn die Menschheit in diese Super-KI ein. Seine rhetorisch gestellte Frage „Does God exist?“ („Existiert Gott?“) beantwortet er mit „I would say, ‚Not yet‘“ („Ich würde sagen, ‚Noch nicht‘“). Man kann die Erschaffung einer übergeordneten Intelligenz nämlich auch so verstehen, dass der Mensch damit über seine biologischen Grenzen hinauswächst und selbst zu einer Art Gottheit wird – zu einer Menschheit 2.0.