Thought Leadership
Von DC Mitglied Stephanie Stoerk, Autorin der im DC Verlag erschienenen Bücher "Der digitale Euro" und "Welt ohne Bargeld".
Am 14. Juli 2021 stellte die Europäische Zentralbank EZB offiziell den digitalen Euro vor. Die Ankündigung erfolgte mitten in der Corona-Pandemie zwischen der dritten und vierten Infektionswelle und während der Fußball-Europameisterschaft 2021, um möglichst keine Aufmerksamkeit auf eine der fundamentalsten Änderungen der gemeinsamen Währung in der Europäischen Union zu ziehen. Man könnte auch sagen: Die Vorstellung des digitalen Euro erfolgte klammheimlich.
Vorausgegangen war zwar ein öffentliches Konsultationsverfahren vom 12. Oktober 2020 bis zum 12. Januar 2021. Hierzu hatte die EZB 18 Fragen formuliert, auf die insgesamt 8.221 Antworten eingegangen waren. Die Ergebnisse dieser Konsultation wurden am 14. April 2021 vor dem Ausschuss für Wirtschaft und Währung des Europäischen Parlaments erläutert.
Aber zur Vorstellung des digitalen Euro am 14. Juli 2021 gab es kein großes politisches Manifest, nicht einmal eine Pressekonferenz, sondern lediglich eine Presseerklärung und eine überschaubare Reihe von Onlinetexten, um eine der wichtigsten Weiterentwicklungen der Währung aller Europäer der Öffentlichkeit vorzustellen.
Das deutsche und das französische Finanzministerium ließen lapidar verlauten: „Deutschland und Frankreich unterstützen die Arbeit der EZB zum digitalen Euro und den heutigen Beschluss des EZB-Rats [07/14] zur Einleitung der sogenannten Untersuchungsphase.“
Beruhigungspille statt Aufklärung
Man muss schon arg blauäugig sein, um das für Zufall zu halten. Die mehrfach geäußerte Feststellung der EZB, dass es vor 2026 keineswegs zur Einführung des digitalen Euro kommen werde, darf ebenfalls eher als „Beruhigungspille“ für die Bevölkerung denn als Aufklärung betrachtet werden. 2026 ist praktisch morgen. Daher wird es jetzt höchste Zeit, sich mit dem digitalen Euro zu beschäftigen.
Man kann die möglichen Auswirkungen der Digitalisierung unserer europäischen Währung nur abschätzen, wenn man verstanden hat, was Kryptowährungen bedeuten, was die Gründe für die Erschaffung des Bitcoin als erste Digitalwährung waren, was es mit der Blockchain-Technologie auf sich hat, wie es um die Stabilität von Währungen generell bestellt ist, was die Ursachen für den Crash von Finanzsystemen sind und welche Auswirkungen die Coronakrise auf unser Wirtschafts- und Finanzsystem haben kann.
Bargeld wird sukzessive abgeschafft
Denn soviel ist klar: Allen Beteuerungen der EZB zum Trotz, dass das Bargeld weiterhin erhalten bleiben wird, lässt sich mit Sicherheit voraussagen, dass das Bargeld in Zukunft sukzessive abgeschafft werden wird. Wer dem widerspricht, der glaubt auch an den Weihnachtsmann. Man mag das als zeitgemäße Entwicklung entlang der allgegenwärtigen und scheinbar unaufhaltsamen Digitalisierung unseres gesamten Lebens akzeptieren. Doch es lässt sich wohl kaum leugnen, dass für viele Menschen ein über Jahrzehnte hinweg erarbeitetes kleines Vermögen die Grundlage für ein Leben ohne Armut im Alter darstellt. Bei allem Fortschrittsglauben muss man sich vergegenwärtigen, dass Geld für die Menschen eine fundamentale Grundlage für ihr gesamtes Leben darstellt. Daher kommt der Digitalisierung dieses Lebensbereichs eine besondere Bedeutung zu.