Thought Leadership

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Angela Merkel
Politische Führung im weltweiten Wettbewerb

Die Ausgangspositionen der Länder rund um den Globus zur Bekämpfung der Pandemie ist naturgemäß unterschiedlich, doch die Herausforderung - Schutz der Bevölkerung vor dem unsichtbaren Angreifer - ist erstmals in der Geschichte der Menschheit weltweit einheitlich. Es ist ungefähr so, als ob alle Regierungen ein- und dasselbe Rätsel zu lösen hätten. In diesem weltweiten Wettbewerb zeigt sich überdeutlich: Es kommt entscheidend auf die politische Führung an; eine Erkenntnis, die über die Krise hinaus Bestand haben wird. Die politische Führerschaft von Bundeskanzlerin Angela Merkel war einer der weltweit am meisten beachteten und gelobten Züge ihrer Amtszeit.

Bundeskanzlerin Angela Merkel: Es ist ernst.

Während zahlreiche Länder wie Großbritannien oder die USA eine monatelange Phase des Leugnens durchmachten und dabei wertvolle Zeit vertan, stellte die deutsche Kanzlerin von Anfang an klar: Die Sache ist ernst. Wir müssen sie ernst nehmen. Und die Bevölkerung ist aufgerufen, das Virus ebenfalls sehr ernst zu nehmen. Wörtlich sagte sie in einer Fernsehansprache an die Nation am 18. März 2020: „Es ist ernst. Seit der Deutschen Einheit, nein, seit dem Zweiten Weltkrieg gab es keine Herausforderung an unser Land mehr, bei der es so sehr auf unser gemeinsames solidarisches Handeln ankommt".

Klare politische Führung

Mit dieser klaren politischen Führung trägt die Bundesregierung maßgeblich dazu bei, die tödlichen Folgen der Pandemie deutlich niedriger zu halten gegenüber vergleichbaren Ländern wie Italien, Spanien oder Großbritannien.

Ähnlich entschlossen und erfolgreich handeln nur wenige Regierungschefs rund um den Erdball wie Jacinda Ardern (Neuseeland), Tsai Ing-wen (Taiwan), Katrín Jakobsdóttir (Island), Sanna Marin (Finnland), Erna Solberg (Norwegen) und Mette Frederiksen (Dänemark). Auffällig ist, dass es sich dabei durchweg um Frauen handelt. Sie erkennen, dass ihr Land in einer zuvor noch nie dagewesenen Situation ist und greifen zügig zu ungewöhnlichen Maßnahmen.

So wandte sich Angela Merkel erstmals in ihrer Amtszeit in einer Fernsehansprache direkt an die Nation. Taiwans Tsai Ing-wen führte schon bei den ersten Anzeichen der Epidemie 124 vorbereitete Maßnahmen ein, um die Ausbreitung in ihrem Land zu verhindern. Jacinda Ardern versetzte Neuseeland in die Selbstisolation, als es gerade einmal sechs Infektionsfälle im Land gab. Island gewährleistete unter der Führung von Katrín Jakobsdóttir jedem Einwohner einen kostenfreien Corona-Test, also nicht nur Menschen mit Symptomen, sondern der gesamten Bevölkerung. Die dänische Premierministerin Mette Frederiksen hielt eine Pressekonferenz ausschließlich für Kinder ab - das hatte es nie zuvor weder in Dänemark noch in irgendeinem anderen Land der Welt gegeben. Ihre norwegische Amtskollegin Erna Solberg griff die Idee auf und wandte sich im Fernsehen direkt an die Kinder im Land. Die frühzeitige Fürsorge und für jedemann sichtbare Empathie der weiblichen Staatsführer rettet Leben in ihren Ländern.

Wieviel anders reagiert hingegen die männliche Führungselite dieser Welt? China leugnete wochenlang die Virus-Gefahr, der frisch gebackene britische Premier Boris Johnsen besuchte Pubs, um Normalität zu demonstrieren. Donald Trump veranstaltet eine politische „Corona-Show“, in der er sich einmal als Mann, der das Virus beherrscht, und ein andermal als Feldherr inszeniert, sich auf jeden Fall aber die „allumfassende Macht“ einräume. Indiens Premier Narendra Modi verordnet 1,3 Milliarden Indern eine wochenlange Ausgangssperre mit den Worten „Das Haus zu verlassen wird vollständig verboten.“ Doch bei der Behauptung, dass die Kontaktsperre in anderen Staaten funktioniert habe, erwähnt Modi nicht, dass in den anderen Ländern gleichzeitig intensiv auf das Virus getestet wird, um Infektionsketten aufzuspüren und zu unterbinden. Worüber er auch nicht spricht: Wie die indische Bevölkerung während des Lockdowns an Nahrungsmittel und Trinkwasser kommen soll. Russlands Präsident Wladimir Putin schien zu Anfang der Pandemie geradezu vom Erdboden verschluckt zu sein. Soweit er sichtbar wurde, signalisierte er monatelang Normalität, als ob nichts wäre. Noch am 17. März 2020 setzte er eine Volksabstimmung für den 22. April an, die er allerdings nur eine Woche später abblasen musste, als ihn die Realität einholen. Doch selbst sei die Pandemie nicht mehr zu leugnen ist, stiftet Putin mehr Verwirrung als Aufklärung. Als er eine arbeitsfreie Woche bei vollem Gehalt ankündigte, begriffen die Menschen das nicht als Quarantäne, sondern als Ferien; viele trafen sich zum Grillen im Grünen. Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban nutzt die Pandemie in erster Linie dafür, seine eigene politische Macht durch ein Notstandsgesetz, das eine „erzwungene parlamentarische Pause“ vorsieht, über die Krise hinaus zu zementieren. Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu regiert per Notdekret ohne Kontrolle des Parlaments und handelt sich damit den Vorwurf ein, die „erste Coronavirus-Diktatur“ errichtet zu haben.

Fazit: Männer an der Regierung haben bislang eher planlos gehandelt und die Krise häufiger genutzt, um ihre eigene Macht zu erweitern, während weibliche Regierungschefs in erster Linie das Wohl des Landes und der Bevölkerung im Auge haben. Diese Erfahrung sollten wir nach der Pandemie nicht vergessen.