Thought Leadership
Von DC Mitglied Marc Ruberg, Autor des im DC Verlag erschienenen Buches „Cyber War“.
Cybercrime, also Kriminalität über das Internet, gehört zu den größten Bedrohungen unserer digitalen Gesellschaft. Unsere zivilisierte Welt wird immer stärker von Computern durchdrungen – und damit zunehmend abhängiger. Stromversorgung, Telefonsystem, Gesundheitswesen, Transportlogistik, Polizei und Feuerwehr – nichts geht mehr ohne Computer, die alle miteinander verbunden sind.
Durch diese allumfassende Digitalisierung hat sich unsere zivilisierte Gesellschaft in eine gefährliche Abhängigkeit begeben. Denn die weltumspannenden Computernetze sind angreifbar. Der Krieg im Internet – der Cyber War – ist in vollem Gange.
Längst kann nicht mehr die Rede von Einzelfällen sein, die ausschließlich diejenigen treffen, die im Internet Risiken eingehen. Neben einer Vielzahl von Einzeltätern hat auch die organisierte Kriminalität die Möglichkeiten des World Wide Web für sich entdeckt. Im Jahr 2020 wurden in Deutschland 108.404 Straftaten im Bereich Cyberkriminalität erfasst. Nur fünf Jahre zuvor waren es „lediglich“ 45.793 Fälle gewesen. Das entspricht mehr als einer Verdoppelung in weniger als einer Dekade. Experten schätzen, dass lediglich etwa ein Zehntel aller Cybercrimedelikte zur Anzeige gebracht werden. Die Dunkelziffer wird somit auf rund 90 Prozent veranschlagt.
Jeder kann zum Opfer werden
Es kann jeden treffen. Jeder kann zum Opfer werden. Aus diesem Grund sollte auch jeder geeignete Schutzmaßnahmen ergreifen – Privatpersonen, Unternehmen und öffentliche Verwaltungen.
Dabei sind in zunehmendem Maße Cyber-Attacken auf Infrastrukturen zu verzeichnen. Der Angriff auf die größte Benzin-Pipeline der USA im Frühjahr 2021, der zu tagelangen dramatischen Versorgungsengpässen führte, stand exemplarisch für das Ausmaß, in dem uns der Cyber War künftig alle betreffen wird – entweder direkt durch einen Angriff auf unsere Computer oder indirekt, indem wir von den Auswirkungen einer Attacke auf Unternehmen und Infrastrukturen betroffen sind. Angesichts der Pipeline-Attacke mussten rund ein Dutzend US-Bundesstaaten den Notstand ausrufen. Es war dramatisch, und könnte dennoch erst der Anfang einer weltweiten IT-Pandemie sein, eines Generalangriffs auf die Informationstechnologie (IT) unserer digitalen Zivilisation, die uns dazu nötigt, einen globalen Notstand auszulösen.
Kaum jemand konnte sich vorstellen, dass ein biologisches Virus die ganz Welt lahmlegte – bis die Coronajahre 2020/21 kamen. Ein Computervirus, das unsere kritischen Infrastrukturen angreift, könnte ähnlich verheerende Folgen nach sich ziehen. Wenn die Stromversorgung versiegt, unsere Bankkonten gelöscht und Schreckensnachrichten über die sozialen Netzwerke verbreitet werden, ist der Zusammenbruch der Zivilisation nicht mehr weit entfernt. Hoffentlich kommt es niemals so weit. Aber es ist besser, auf diese Gefahr vorbereitet zu sein als diese potenzielle Bedrohungslage zu ignorieren und sich schlimmstenfalls von ihr überraschen zu lassen.
In diesem Sinne ist es wichtig, heute wachzurütteln, die Gefährdungslage zu beschreiben und die Verantwortlichen zu veranlassen, die Schutzwälle weiter hochzuziehen. Denn wahrscheinlich befinden wir uns noch gar nicht mittendrin im Cyber War, sondern erst ganz am Anfang.