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Hubert Nowatzki
Wir steuern auf den Eisberg zu

Von DC Mitglied Hubert Nowatzki*

Die Bundesrepublik Deutschland ist mit Staatsschulden in Höhe von rund 2.500.000.000.000 Euro in das Jahr 2024 gegangen. Das sind 2.500 Milliarden bzw. 2,5 Billionen Euro. Allein 2023 kamen weit über 50 Milliarden Euro Neuverschuldung hinzu. Die Pro-Kopf-Verschuldung liegt bei rund 30.000 Euro pro deutschem Staatsbürger.

Um das in eine historische Relation zu setzen: 1950 lagen die Schulden Deutschlands bei umgerechnet zehn Milliarden Euro, 1960 bei 29 Milliarden, 1970 bei 64, 1980 bei 239, 1990 bei 538, im Jahr 2000 bei 1.211 Milliarden, 2010 bei 2.012, 2020 bei 2.173 und 2022 bei 2.368 Milliarden Euro.[

Doch das sind nur die statistisch ausgewiesenen, die offensichtlichen Staatsschulden. Hinzu kommen die sogenannten impliziten Schulden; das sind die durch das heutige Steuer- und Abgabenniveau nicht gedeckten staatlichen Leistungsversprechen für die Zukunft. Bestes oder wohl eher schlimmstes Beispiel dafür sind die Sozialversicherungen, bei denen gut zwei Drittel der impliziten Schulden zu verorten sind.

Insgesamt liegt die Staatsverschuldung Deutschlands bei über 14 Billionen Euro, hat der renommierte Wirtschaftswissenschaft­ler Bernd Raffelhüschen berechnet.

Wer soll das bezahlen, wer hat soviel Geld?

Man fühlt sich an den alten Karnevalshit „Wer soll das bezahlen? Wer hat das bestellt? Wer hat soviel Pinke­-pinke, wer hat soviel Geld?“ erinnert. Und weil wir gerade beim Erinnern sind: Der damalige Schlager war eine Anspielung auf die durch die Währungsreform 1948 ausgelösten Preissteigerungen. Damals ersetzte die „Deutsche Mark“ die zuvor gültige „Reichsmark“. Für Preise und Löhne wurde dabei das Verhältnis 1:1 festgesetzt, aber die Schulden wurden im Verhältnis 10 zu 1 umgestellt.

Die Sparer waren also die Dummen; wer Schulden angehäuft hatte, war hingegen mit einem Schlag 90 Prozent seiner Schulden los. Wer Sachwerte (Betriebe, Immobilien, Waren) be­saß, konnte sich ebenso wie die Schuldenmacher ins Fäustchen lachen, weil diese nicht nur erhalten blieben, sondern sogar im Wert stiegen.

Und wer ist wohl der größte Schuldenmacher und Sachwertbesitzer im Jahr 2024? Richtig, der Staat! Vor diesem Hintergrund ist es nachvollziehbar, wenn sich Angst vor einer Währungsreform beim einen oder anderen breit macht.

Nun ist die Situation 2024 sicherlich in vieler Hinsicht nicht mit der von 1948 zu vergleichen und es gibt heute viele Wege, eine Währungsreform zu vermeiden. Aber wir müssen diese Wege natürlich auch gehen: Die Begrenzung der Neuverschuldung und der allmähliche Abbau der bereits angehäuften Staatsschulden sind unabdingbar, denn „ewig“ kann es nicht so weitergehen.

* Hubert Nowatzki gehört zu einem sehr kleinen Kreis von Fachleuten in Deutschland, die das Thema Steuern aus zwei Leben kennen: als Steuerfahnder (früher) und als Steuerberater (heute). Er kennt sich dadurch nicht nur viel besser aus als die meisten seiner Kollegen, sondern weiß auch wie kaum ein anderer Steuerberater um die Praxis bei kritischen Fällen und scheut sich ganz und gar nicht, vor das Finanzgericht zu treten, um in strittigen Fragen für seine Mandanten zu kämpfen. Viele „normale Steuerberater“ wenden sich an ihn, wenn bei ihren Mandanten Situationen auftauchen, die über das übliche Rechnungswesen hinausgehen.