Thought Leadership
von DC Mitglied Jane Enny van Lambalgen*
Der deutsche Mittelstand geht mit vielen Baustellen ins Jahr 2025. Dazu gehören: ein enormer Investitionsstau, wenig optimierte Betriebsabläufe, ein häufig mangelhafter Vertrieb, geringes Markenbewusstsein, eine nur gering entwickelte Digitalisierung und kaum Kompetenz beim Einsatz Künstlicher Intelligenz. Natürlich leider nicht jeder Mittelständler unter alle diesen Mängeln, aber sehr viele mittelständische Firmen haben gleich auf mehreren dieser Gebiete einen erheblichen Nachholbedarf.
Ich werde regelmäßig von Firmen an die „Baustellen“ vor Ort geholt, häufig allerdings erst, wenn diese so groß geworden sind, dass der Fortbestand des Unternehmens gefährdet ist. Gelegentlich stoße ich auf ein ERP-System, das seit 20 Jahren läuft, ohne dass jemals eine nennenswerte Aktualisierung erfolgt ist. Erst im Zuge der neuen Compliance-Regeln von ESG bis Cyberresilience fällt auf, dass der Betrieb so gar nicht mehr fortgeführt werden kann, ohne massiv gegen die geltende Gesetzgebung zu verstoßen.“In diesen Fälle ist die Einführung eines modernen Systems für Enterprise Resource Planning (ERP) die erste Maßnahme zur Firmenrettung. Schließlich stellt ein ERP-System in der Regel das Herzstück der Digitalisierung in mittelständischen Unternehmen dar.
Geschäftsprozesse so wenig zeitgemäß wie das ERP-System
Die typischen Funktionen eines ERP-Systems umfassen Finanzbuchhaltung, Warenwirtschaft, Einkauf und Beschaffung, Produktionsplanung, Vertrieb und Kundenmanagement, Personalwesen, Lager und Logistik, Projektmanagement, Berichtswesen und Analytik, Dokumentenmanagement, und Workflow-Automatisierung. Angesichts des galoppierenden technischen Fortschritts ist manch ein Mittelständler geradezu im Mittelalter stehengeblieben. Das Fatale darin ist, dass oftmals nicht nur die ERP-Funktionalität, sondern auch die damit zusammenhängenden Geschäftsprozesse wenig zeitgemäß sind.
Die Dokumentation im ERP-System für aktuelle betriebliche Themen wie Arbeitsschutz, Gefahrstoffregulierungen wie RoHS (Restriction of Hazardous Substances), REACH (Regulation on the Registration, Evaluation, Authorisation and Restriction of Chemicals) oder das PFAS-Verbot (Per- and polyfluoroalkyl Substances) sowie die CE-, UL-, oder ATEX-Zertifizierungen (Conformité Européenne, Underwriters Laboratories, Atmosphères Explosibles), die Lieferkettendokumentation und Nachhaltigkeit sei höchstens rudimentär vorhanden. Fisikomanagement in diesen Bereichen ist für viele kleine und mittelständische Unternehmen noch ein Fremdwort.
Selbstverständlich gibt es auch die Spitzenreiter, die sich nicht nur technologisch, sondern in vielerlei Hinsicht positiv herausheben. Das sind häufig die Hidden Champions, die teilweise über 70 Prozent Weltmarktanteil in ihrem Segment verfügen. Aber diese Spitzenunternehmen stellen höchstens etwa drei Prozent des deutschen Mittelstands dar.“
Jane Enny van Lambalgen ist Founding Partner und Geschäftsführerin der Firma Planet Industrial Excellence sowie Mitglied bei United Interim, der führenden Community für Interim Manager im deutschsprachigen Raum, und im Diplomatic Council, einer globalen Denkfabrik mit Beraterstatus bei den Vereinten Nationen (UNO). Für Unternehmen ist sie tätig als Interim Manager für Strategie, Operational Excellence, Turnaround, Supply Chain Management und Digital Transformation. Als Managerin auf Zeit übernimmt sie Positionen als CEO, Managing Director, COO, Delegierte des Verwaltungsrats, Aufsichtsrat und Beirat in der mittelständischen Wirtschaft. Schwerpunkte ihrer Tätigkeit sind internationale Operations-Einsätze mit Fokus auf Produktion, Supply Chain und Logistik.